Wir wollen doch alle das «Gelbe vom Ei»

    Immer wieder stehen Ausbilder/innen und Dozierende bei Seminaren vor der gleichen Herausforderung: Wie um Himmels Willen bringe ich all diese Lerninhalte in meinem Seminar unter? Stoffreduktion ist die Antwort, aber dies klingt leichter gesagt als getan. Acht Tipps können helfen, dass am Ende des Seminars das Wesentliche, die Kernbotschaft hängen bleibt.

    (Bild: Pexels) Das «Gelbe vom Ei» rüberbringen – und das mit einer Prise Salz bitteschön: Leichter gesagt als getan, aber wir haben acht Tipps, die dieses Unterfangen erleichtern.

    Der Auftrag ist da. Themen und Adressaten sind definiert. Die Lernziele sind formuliert. Nun geht es an die Planung und Einteilung der zu übermittelnden Inhalte. Und hier heisst es «Aufpassen!» Denn es ist ein Trugschluss zu glauben, dass Masse vor Klasse geht. Speziell bei Seminaren, die allenfalls nur an einem Tag stattfinden. Hier kommt das so genannte Spiegelei-Prinzip zur Anwendung, mit folgendem Motto: «Das Eigelb schmeckt am Besten!» Nach dem Spiegelei-Prinzip sollte das Seminar oder der Kurs aufgebaut werden und schliesslich die Nachhaltigkeit mit der Kernbotschaft bei den Teilnehmenden hängen bleiben.

    Die Vermittlung von praktischem und fachlichen Know-how, von Inhalten und nützlichen Tipps muss meist effizient und oft in einem ein- oder zweitägigen Seminar erfolgen. Vor allem bei Führungs- und Fachkräften. Sie werden am Arbeitsplatz gebraucht. Andererseits weiss man, dass Lernen ein Prozess ist, Kurzsequenzen nicht den gewünschten Effekt bringen und allenfalls ein Lerntransfer somit oft ganz oder teilweise ausbleibt. Die Seminarbesucher/innen empfinden ein solches meist dann als effizient und «nachhaltig», wenn sie das Vermittelte in ihrem Joballtag auch gleich praktisch einsetzen können. Mit dieser Ausgangslage müssen sich die Bildungsfachleute auseinandersetzen.

    Lernwerkstatt CEO Daniel Herzog setzt sich seit vielen Jahren mit dem «Spiegelei-Prinzip» auseinander und hat acht Tipps zusammengestellt, wie man das Thema Stoffreduktion einfach und effizient umsetzt:

    Tipp 1: Spiegelei-Prinzip beachten
    Es gilt, wichtige Inhalte von unwichtigen Hintergrundinformationen zu trennen. Gerade Fachexperten neigen dazu, sich endlos in Details zu verlieren. Hier hilft das Spiegelei-Prinzip. Das wirklich Leckere am Spiegelei ist das Eigelb. Das sind die Lerninhalte, die für die Teilnehmenden praxis- oder prüfungsrelevant sind und in den Lernzielen definiert wurden. Ein bisschen Eiweiss dazu schmeckt aber auch. Dies sind die Hintergrundinformationen, welche nötig sind um die Lerninhalte zu verstehen. Und dann gilt es grosszügig wegzuschneiden, denn zu viel Eiweiss kann auch mal Bauchschmerzen verursachen. Eine Scheibe Speck gibt dem Ganzen dann die nötige Würze, das ist die spannende Methodik, die Sie bei der Vermittlung einsetzen.

    Tipp 2: Inhalt von Ballast befreien
    Vielleicht schmeckt Ihnen das Eiweiss einfach zu gut und es fällt Ihnen immer noch schwer, den Inhalt zu reduzieren. Dann überlegen Sie doch einmal, welche Inhalte Sie vermitteln würden, wenn Sie statt eines eintägigen Seminars nur zwei Stunden oder sogar nur 15 Minuten zur Verfügung hätten. Eine tolle Methode, welches Ihr Seminar garantiert von Ballast befreit.

    Tipp 3: Bildungsbedarf beachten
    Viele Bildungsfachpersonen haben ihre Herzensthemen, die sie gerne ausführlich vermitteln. Das ist auch in Ordnung. Die Seminarinhalte sollten sich aber immer am Bildungsbedarf orientieren. Und das ist die Lücke zwischen dem Vorwissen der Teilnehmenden (IST) und den Lernzielen (SOLL). Wenn Sie in Ihrem Seminar präzise den Bildungsbedarf abdecken fallen Randthemen weg und Sie gewinnen Zeit.

    Tipp 4: Visualisierungen einsetzen
    In der heutigen informationsreichen Arbeitswelt ist es entscheidend, komplexe Inhalte schnell und effektiv zu vermitteln. Visualisierungen spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie ermöglichen es, komplexe Daten und Konzepte leicht verständlich und visuell ansprechende darzustellen. Eine gut gestaltete Visualisierung kann mehrere Folien Text ersetzen und gleichzeitig das Verständnis und die Merkfähigkeit verbessern.

    Tipp 5: Storytelling nutzen
    Früher erzählte man sich Märchen, dann wurden daraus Geschichten und heute heisst es Storytelling. Aber eines ist geblieben: Menschen hören gerne Geschichten. Diese Tatsache können Sie in Ihrem Seminar nutzen. Denn Storytelling ist eine der ältesten und wirkungsvollsten Methoden, um Informationen zu vermitteln und bei den Zuhörern Interesse und emotionale Beteiligung zu wecken. Im Kontext der Personalentwicklung kann das Einbinden von erzählerischen Elementen die Lerneffizienz deutlich steigern, indem es die Aufmerksamkeit und das Engagement der Teilnehmenden erhöht und damit Zeit spart.

    Tipp 6: In-Out-Technik nutzen
    Sie kennen es: Ihr Seminar ist ausgewogen geplant. Informationsphasen und verarbeitende Phasen mit Teilnehmeraktivitäten bilden ein gutes Gleichgewicht. Nach der ersten Durchführung möchte die Linie ein zusätzliches Thema integrieren. Kein Problem. Sie kürzen eine Gruppenarbeit und ersetzen ein Lehrgespräch durch einen Lehrervortrag und schon sind die 20 Minuten freigeschaufelt. Doch schon bald kommt der nächste Themenwunsch. Jetzt fällt die Gruppenarbeit ganz weg und der Transferauftrag am Ende des Seminars verlagern Sie in die persönliche Nachbereitung der Teilnehmenden. Bald erkennen Sie Ihr anfänglich methodisch gut aufgebautes Seminar nicht mehr, es ist nämlich zu einer Vorlesung verkommen. Höchste Zeit, sich an die In-Out-Technik zu besinnen. Diese besagt, dass für jeden neuen Lerninhalt, den ich hinzufüge, ein bestehender Lerninhalt wegfallen muss. Wenn der Auftraggeber also einen zusätzlichen Lerninhalt wünscht, lautet die Frage: Was kann ich herausnehmen?

    Tipp 7: Vor- und Nachbereitung einplanen
    Wenn der Stoffdruck so immens ist, dass selbst das Eigelb noch zu gross und nicht verdaubar wird, tappen viele Ausbildende in die «Stoffdruckfalle». Verarbeitende Methoden, wie Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeiten bleiben auf der Strecke und die Ausbildung verkommt zu einem mehrstündigen Monolog, gespickt mit endlosen PowerPoint-Präsentationen. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass die Lernziele so erreicht werden. Gerade Methoden, mit hoher Teilnehmeraktivität sind für den Lernprozess entscheidend, aber eben auch zeitintensiv.
    Jetzt heisst es Inhalte in die Vor- und Nachbereitungszeit der Teilnehmenden zu verlagern. Oft kann der Stoff auch als Vorbereitung im Selbststudium oder als E-Learning erarbeitet werden. Die wertvolle Zeit im Seminar wird dann zur Klärung offener Fragen, für Diskussionen und zur Vorbereitung des Praxistransfers genutzt. Dem Problem, dass Teilnehmende häufig unvorbereitet erscheinen, kann beispielswiese durch einen Online-Test im Vorfeld begegnet werden.

    Tipp 8: Lernplattformen nutzen
    Traditionelle Trainingsmassnahmen haben den Nachteil, dass sie zeit- und ortsgebunden und wenig individualisiert sind. Wie vorgängig erläutert, lassen sich viele Teile einer Präsenzveranstaltung bereits heute in Form von ausgeklügelten Lernpfaden in Learning Management Systemen (LMS) abbilden.
    In Zukunft werden KI-gesteuerte Lernplattformen eine flexible und individualisierte Weiterbildung ermöglichen. Die Mitarbeitenden können zu jeder Zeit und von jedem Ort aus auf massgeschneiderte Lerninhalte zugreifen, genau dann, wenn sie diese benötigen. Dies ermöglicht eine effiziente und zielgerichtete Weiterbildung.

    Beachten Sie diese Tipps, und schon wird Ihnen der Spagat zwischen Stoffmenge und zur Verfügung stehender Zeit wesentlich besser gelingen.

    Praxisstipp:
    Train the Trainer 2tägiges Seminar – auch Inhouse:
    lwo.ch/train-the-trainer

    Vorheriger ArtikelDas Bewusstsein der Bevölkerung für die Luftwaffe stärken
    Nächster ArtikelWie eine Idee im Kopf entsteht